Kapital für den Mittelstand

Juli 7, 2020 - Kommentar

Welche Finanzierungsmethode bringt welche Vor- und Nachteile und für wen ist sie geeignet? Von Hannspeter Schubert Wer eine Fabrik plant, die Internationalisierung vorantreibt, neue Produkte entwickelt, ein Unternehmen zukauft oder sich in neue Geschäftsfelder wagt, benötigt oft neues Kapital. Die Wege der Finanzierung reichen von Gesellschafterdarlehen über klassische Bankkredite bis zur Kapitalaufnahme durch den Verkauf

Welche Finanzierungsmethode bringt welche Vor- und Nachteile und für wen ist sie geeignet?

Von Hannspeter Schubert

Wer eine Fabrik plant, die Internationalisierung vorantreibt, neue Produkte entwickelt, ein Unternehmen zukauft oder sich in neue Geschäftsfelder wagt, benötigt oft neues Kapital. Die Wege der Finanzierung reichen von Gesellschafterdarlehen über klassische Bankkredite bis zur Kapitalaufnahme durch den Verkauf von Anteilen. Die intensive Auseinandersetzung mit den Optionen und ihren Konsequenzen gehört zum unternehmerischen Pflichtprogramm. Die breite Palette der Finanzierungsmöglichkeiten zeigt heute vor allem eines: Die angestammte Rolle der Banken als wichtigster Kapitalgeber ist längst abgelöst worden durch eine Vielzahl unterschiedlicher Anbieter und Kapitalformen. Worauf sollten Unternehmer achten?

Klassische Finanzierung durch Banken

Kreditkonditionen waren vermeintlich noch nie so attraktiv wie heute. Sie erlauben manche unternehmerische Investitionsentscheidung, die früher nicht getroffen worden wäre. Das Risiko hoher Schuldenlasten und entsprechender Rückzahlungsverpflichtungen aber bleibt. Gerade in Zeiten geringer Margen können die Banken allerdings weder umfangreiche Prüfprozesse anstrengen noch Ausfallrisiken eingehen. Sie werden daher Nebenabreden zum zukünftigen Cash Flow oder der Verschuldungsquote in das Kreditverhältnis einbeziehen, die unter bestimmten Umständen zu Risikozuschlägen oder Kreditkündigungen führen und deshalb kritisch hinterfragt werden sollten.

Wer sich über eine Bank finanziert, verpflichtet sich zu monatlichen Ratenzahlungen – wer also bereit ist, diese Verpflichtung einzugehen, kann auf diese Finanzierungsform zurückgreifen. Die großen Vorteile: Kein Mitspracherecht, keine Strategieauseinandersetzungen, keine Konflikte. Der Nachteil: die Raten fallen an. Unabhängig von der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation.

Finanzierung von öffentlicher Seite

Anders verhält es sich bei der Förderung von öffentlicher Seite. Fördergelder, Zuschüsse oder öffentliche Garantien können klassische Kredite ersetzen oder zu einer Bonitätsverbesserung des Unternehmens beitragen. EU, Bund und Länder haben verschiedene Mittel der Unternehmensförderung geschaffen, der Fokus liegt neben Neugründungsförderung vor allem in der Unterstützung des Mittelstandes. Im Wesentlichen besteht hier die Wahl zwischen drei verschiedenen Möglichkeiten: Maßnahmenbezogene Zuschüsse, Beteiligungen durch Gesellschaften mit öffentlichem Auftrag oder Gewährung von vergünstigten, zweckbezogenen Krediten. Über 2.000 unterschiedliche Fördermittelprogramme gibt es derzeit und hier wird auch ein Nachteil deutlich: Die Vielfalt und Spezifikation macht es nicht leicht, das passende Programm zu finden. Zusätzlich ist die Beantragung meist mit großem Aufwand, zusätzlichen Auflagen und Zustimmungsvorbehalten verbunden. Daher gibt es mittlerweile Agenturen, die sich auf die Fördermittelsuche spezialisiert haben.

Generell gilt: In Zeiten niedriger Zinsen wird sich die Einbindung öffentlicher Mittel nur dann lohnen, wenn der Staat zusätzliche Mittel und Risiken übernimmt, die im Übrigen nicht gewährt werden. Insbesondere im Bereich von Forschung und Entwicklung oder Zukunftsinvestitionen können sich daher öffentliche Programme als vorteilhaft herausstellen, auch wenn sie zumeist mit einem erhöhten Bearbeitungsaufwand verbunden sind.

Private Equity als Alternative zu klassischen Finanzierungen?

Zusätzliches Eigenkapital zur Unterstützung und Einbindung in Unternehmensstrategien kommt meist aus risikoorientierten, unternehmerischen Kreisen. Oft treten hier sogenannte Family Offices oder Private Equity-Häuser auf. Gerade bei Nachfolgereglungen, Sanierungen oder Wachstumsfinanzierungen sind natürliche Personen vielfach nicht mehr in der Lage, das höhere Risiko einer Finanzierung zu übernehmen. Gleichzeitig sind institutionelle Beteiligungsgesellschaften in diesem Segment eher zurückhaltend. Oft fehlt die Nähe zu dem jeweiligen Geschäftsmodell oder ist nicht gewollt. Genau hier kann ein unternehmerisch aufgestelltes Private Equity-Haus einspringen.

Dabei unterscheiden sich viele PE-Häuser in Ihrem Fokus. Gesucht werden entweder minder- oder mehrheitliche Beteiligungen. Andere sehen ein operatives Engagement und wieder andere nur finanzielle Beiträge in das Unternehmen. Mit Private Equity-Angeboten wird individuell an der Schnittstelle zwischen Eigentümerposition und Management, zwischen Finanzbeitrag und Mitspracherecht gearbeitet.

Es zeichnet sich ab, dass im Bereich Private Equity das Verständnis für den Mittelstand wächst und auch die Fallgruppen „buy and build“ sowie „turn around“ in den Fokus von PE-Häusern rücken. Gerade die Kombination von Private Equity und mittelständischer Substanz kann für beide Seiten sehr erfolgreich sein. Der Mangel an lukrativen Anlageformen im Kapitalmarkt kommt zudem den Bewertungen von mittelständischen Unternehmen zu Gute.

Ob Eigen- oder Fremdkapital, ob operativer Einfluss und Risikobeteiligung oder nur Bereitstellung von Finanzmitteln: Alle Erfahrungen zeigen, dass die Transformation von Investitionsausgaben in liquiditätspositive Ergebnisbeiträge mit vielen Unwägbarkeiten verbunden ist. Sinnvollerweise wird man daher den Finanzierungsbedarf im Unternehmen aufsplitten und analysieren, um dann die entsprechende Finanzierung dahinter zu legen. Die Unternehmensstrategie sollte in jedem Fall die Grundlage für das Finanzierungskonzept bilden und nicht umgekehrt.

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