Interview mit dem Analytics-Experten Dirk B?ckmann
Frage: Wir befinden uns mitten in einem digitalen Wandel, der seit einigen Jahren von zahlreichen disruptiven Umbr?chen begleitet wird. Wie k?nnen Unternehmen dem begegnen?
B?ckmann: In Anbetracht des schnellen technologischen Wandels und der exponentiellen Entwicklung der Datenmengen braucht es flexible, kontinuierlich verbesserte Analytics-Systeme, au?erdem agile Arbeitsweisen, die f?r flexible Prozesse sorgen.
Frage: Was genau ist der Unterschied zwischen Business Intelligence und Business Analytics?
B?ckmann: Das Herzst?ck von Business Intelligence ist Descriptive Analytics. Diese gibt eine Antwort auf die Frage: „Was ist passiert und aus welchen Gr?nden?“ Das ist der Status-quo in den meisten Unternehmen. Damit lassen sich lediglich Standardberichte, Statistiken und Reports erstellen, die vergangenheitsorientierte Daten auswerten.
Business Analytics leistet mehr, und zwar durch den Einsatz von Algorithmen, die automatisiert die Analyse umfassenderer zeitnaher Daten erlauben. Predictive Analytics legt den Fokus auf die Zukunft und fragt: „Was wird voraussichtlich passieren?“ Das hilft, flexiblere und schnellere Entscheidungen zu treffen. Prescriptive Analytics macht jederzeit korrigierbare Vorschl?ge f?r das beste Handeln und die beste L?sung in einer gegebenen Situation.
Business Intelligence ist nur ein Blick in den R?ckspiegel und entspricht dem Stand der fr?hen 2000er-Jahre. Business Analytics hingegen ist der Blick nach vorne durch die Frontscheibe, verbunden mit dem Navi, das die beste Route zum Ziel ausrechnet und n?tigenfalls unterwegs immer wieder anpasst.
Frage: In Ihrem Buch schreiben Sie, dass es auf die IT- bzw. Analytics-Architektur ankommt, wenn man Business Analytics im Unternehmen implementieren will. Welche Architektur eignet sich daf?r?
B?ckmann: In der Tat haben viele Unternehmen noch nicht verstanden, dass sich nicht jede Analytics-Architektur f?r Business Analytics eignet. Die „klassische“, statische BI-Architektur ist auf Effizienz und Zuverl?ssigkeit ausgerichtet, wird aber dynamischen Anforderungen nicht gerecht. Sobald neue Datenquellen hinzukommen, sich die Gesch?ftsziele oder Entscheidungskriterien ver?ndern, geraten die statischen Architekturen an ihre Grenzen.
Das weit verbreitete Data Warehouse allein eignet sich nicht, um gro?e Datenmengen – auch externe und semi- oder unstrukturierte Daten – mit Hilfe von Business Analytics auszuwerten. Unternehmen, die es dennoch versuchen, etablieren oft, ohne es zu wollen, eine „Schatten-IT“. Oder es entwickelt sich im Laufe der Zeit ein „Flickenteppich“ aus verschiedenen Daten-Insel-L?sungen, die einen hohen manuellen Betriebsaufwand erfordern.
Eine erste Stufe zur Flexibilierung w?re die Einf?hrung einer bimodalen IT. Dabei kombiniert man den stabilen, auf Effizienz und Zuverl?ssigkeit ausgerichteten Betrieb existierender Systeme (Modus 1) mit agilen, innovationsgetriebenen Ans?tzen zur Bew?ltigung neuer Herausforderungen und Chancen (Modus 2). Architektonisch wird in Erg?nzung zum Data Warehouse oft ein ein Data Lake oder ein Data Lakehouse eingef?hrt. Eine geeignete Analytics-Architektur sollte den Entscheidungen im Kerngesch?ft dienen und zur Gesch?ftsstrategie passen.
Frage: Welche Rolle spielt dabei die Agilit?t?
B?ckmann: Agilit?t ist die F?higkeit einer Organisation, sich selbst zu erneuern, sich wechselnden Rahmenbedingungen anzupassen, sich schnell zu ver?ndern und in einem rapide wandelnden Umfeld erfolgreich zu agieren. Konkret meint dies zweierlei: zum einen flexible, modular aufgebaute Architekturen und Analytics-Infrastrukturen, die mit neuen Anforderungen mitwachsen und sich ver?ndernde Bed?rfnisse, wachsende Datenmengen usw. anpassen k?nnen. Zum anderen braucht es ein flexibles Vorgehen bei der Entwicklung geeigneter Software- bzw. Daten-Produkte, was ein entsprechendes F?hrungsverhalten erfordert.
Frage: Welche Vorteile haben Unternehmen, die auf Agile Analytics setzen?
B?ckmann: Mehr und aktuellere Daten in Echtzeit zu analysieren und damit tragf?higere Entscheidungen zu treffen. Hinzu kommt, dass man Entwicklungen fr?her erkennt und so mehr M?glichkeiten hat, den Eintritt unerw?nschter Ereignisse zu vermeiden bzw. rechtzeitig gegenzusteuern, bevor sie eintreten.
Eine hohe Bedeutung f?r mittelst?ndische und gro?e Unternehmen hat das Forecasting. Studien zufolge verbringen F?hrungskr?fte im Controlling heute noch rund 40 Prozent ihrer Zeit mit manuellem Forecasting, ohne jedoch zu treffsicheren, d.h. soliden Werten zu kommen. Die Genauigkeit einzelner Planpositionen liegt oft um die 50 Prozent und ist nicht viel besser als ein „Blick in die Glaskugel“.
Mit Hilfe von Predictive Analytics l?sst sich die Exaktheit auf 70 bis 90 Prozent erh?hen. Das automatisierte Forecasting kann man „auf Knopfdruck“ innerhalb von Minuten oder wenigen Stunden durchf?hren und regelm??ig, nicht nur einmal pro Jahr, aktualisieren. Unternehmen best?tigen, dass sie damit nicht nur viel Zeit einsparen, sondern sich auch die operative Steuerung deutlich verbessert.
In meinem Buch nenne ich weitere Beispiele f?r h?here Wettbewerbsf?higkeit, fundiertere Entscheidungen und sp?rbar erh?hte Leistungsf?higkeit, die Unternehmen dank Business Analytics erreicht haben.
Frage: Vielen Dank f?r das Interview.
Das Buch „Agile Analytics. Wie Unternehmen Daten f?r bessere Entscheidungen und Leistungen nutzen“ (Haufe Verlag 2023, ISBN 978-3-648-16435-8) ist im Buchhandel bestellbar (https://www.amazon.de/Agile-Analytics-Unternehmen-Entscheidungen-Leistungen/dp/364816435X/).
Dirk B?ckmann ist Gr?nder und Gesch?ftsf?hrer der Beat2Lead GmbH. Seit ?ber 20 Jahren ber?t er Mittelst?ndler und Global Player im Bereich des Performance Managements und der Nutzung fortgeschrittener Analytics-Technologien.
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